Wir renovieren ja gerade unsere Wohnung (siehe auch hier) und räumen die Zimmer um. Das hat zur Folge, dass sich alle Tage etwas verändert. Hier stehen Kisten im Flur, die ein paar Tage später wieder woanders stehen. Das Bett steht in einem anderen Zimmer und der Teppich liegt zwar im gleichen Zimmer, dafür steht aber jetzt das Sofa dort, und nicht mehr das Bett.
Der Hund
Das hat unseren Hund Alma die ersten Tage etwas verwirrt. Nachts, wenn mein Mann und ich im Bett lagen, stand sie auf, lief in den Flur, blieb dort stehen und überlegte: Wo ist jetzt mein Schlafplatz? Und wo schlafen Silke und Enno? Sie ging ein paar Schritte in die eine Richtung und schnupperte. Hier? Und lief in die andere Richtung. Oder doch da hinten?
Mein Mann wurde von dem Hin und her Getapse wach, während ich seelenruhig den Schlaf der Gerechten schlief. Er hat sie dann gerufen, damit sie weiß, wo sie hinmuss und sie hat sich auf die für sie neue Matte am Ende des Bettes niedergelegt. Eigentlich würde sie ja auf der Seite meines Mannes auf dem Teppich schlafen, aber das geht ja jetzt nicht mehr, der ist nämlich gar nicht mehr da.
Der Mann
Mein Mann ist manchmal so ein bisschen wie Alma, meine Hündin. Er mag Veränderungen auch nicht so. Und er ist der festen Überzeugung, in unserem Bett nur in Nord-Süd-Richtung schlafen zu können. Denn so schläft er ja schon, seitdem wir hier in dieser Wohnung wohnen. Deswegen stellen wir das Bett im neuen Zimmer natürlich wieder in Nord-Süd-Richtung auf.
Das sieht sogar ganz gut aus und nach ein, zwei Nächten schlafen wir alle ganz gut dort. Wir haben uns an die andere Helligkeit, die neuen Geräusche und den frischen dezenten Farbgeruch gewöhnt. Dabei könnte man es ja belassen.
Die Frau
Aber nach einer knappen Woche, am Samstagvormittag, kommt mir da noch eine Idee. Wie wäre es, wenn wir das Bett an die andere Wand stellen, dann könnten wir auch viel besser aus dem Fenster schauen. Und da ich mir so etwas schlecht vorstellen kann, wie sich der Raum verändert, wenn wir die Möbel verschieben, muss ich das natürlich ausprobieren.
Alleine schaffe ich das nicht, also schlage ich meinem Mann vor, doch mal eben kurz das Bett zu verschieben. Das hätte auch den Vorteil, dass es im Winter nicht so kalt ist, weil wir dann nicht mehr an einer Außenwand schlafen würden
Aber oh Graus! Mein Mann ist schockiert: Dann würden wir ja in Ost-West-Richtung schlafen, das geht doch nicht! So kann ich nicht schlafen! Ich entgegne ihm, komm lass es uns doch einfach mal ausprobieren, das dauert doch nur ein paar Minuten. Und wenn Du wirklich nicht schlafen kannst, stellen wir es halt zurück.
Mein Mann kennt mich mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er da jetzt mitmachen muss, weil ich sonst eh keine Ruhe gebe. Da wir auch noch keine Bilder aufgehängt haben, müssen wir also wirklich nur das Bett verschieben, ebenso die Kommode, die Nachttischchen und die Lampen. Ach und die Korbstühle.
Gesagt getan. Wir legen uns probeweise ins Bett und schauen aus dem Fenster. Stimmt, das ist ja viel schöner hier, ruft mein Mann begeistert aus. Yes, denke ich, und freue mich.
Die Überraschung
Wir schlafen eine Nacht darüber. Mein Mann in der vermeintlich unmöglichen Ost-West-Richtung, und der Hund am Fußende des Bettes. Der neue Morgen bricht an. Mein Mann wird wach und sagt erstaunt: Oh ich habe ja ganz gut geschlafen! Ach, antworte ich, das ist ja wirklich eine Überraschung!
Und noch eine Idee
Während wir gemütlich im Bett liegen, unseren Tee trinken und die schöne Aussicht genießen schaue ich mich im Zimmer um. Und mir fällt auf, dass zwar die Aussicht besser ist. Aber da die eine Wand schmaler ist, passen die einzelnen Möbelstücke irgendwie nicht mehr so luftig zusammen. So richtig gefällt mir das noch nicht. Könnte man das nicht mal ganz anders hinstellen?
Alma wird wach, dehnt und streckt sich und kommt an meine Bettseite, um sich ihre morgendlichen Streicheleinheiten abzuholen. Während ich sie kraule, schaue ich auf die Vorhänge und stelle fest: Wir brauchen neue Vorhänge, weil es im Sommer sonst viel zu hell wird in dem Raum.
Und natürlich denke ich das nicht nur, sondern plappere das alles vor mich hin, bis mir auffällt, dass Mann und Hund mich mit einer Mischung aus Entsetzen und Ungläubigkeit anschauen. Mir wird klar: Oh, das ist wohl ein bisschen zu viel an Veränderungen für die beiden. Und ich räume ein: Okay okay, es muss ja nicht gleich heute sein. Mann und Hund atmen erleichtert aus.
Das würde ich als Coach dazu sagen:
Man könnte jetzt sagen, ich sei zu ungeduldig, oder mein Hund zu sensibel oder mein Mann zu eigensinnig. Aber ich betrachte diese Geschichte eher als Metapher für Veränderungen: Es gibt immer Anteile, die eine Veränderung vorantreiben, und Anteile, die lieber alles so lassen möchten, wie es ist. Wenn diese Anteile gegeneinander kämpfen und versuchen, Recht zu haben oder zu gewinnen, dann artet das Ganze in Stress und Streit aus.
Es geht darum, dass beide Anteile (oder alle beteiligten Menschen) mit ihren jeweils unterschiedlichen Bedürfnissen gleich wichtig genommen werden. Ich muss mich etwas zurücknehmen, damit ich Mann (und Hund) nicht überfordere. Mein Mann muss sich auf etwas einlassen und einfach mal ausprobieren, damit ich mit meinen Wünschen nach Veränderung nicht alleine gelassen werde.
Es sind beide Anteile wichtig, deswegen sollten sie sich einander bereichern und nicht dominieren. Wenn ich nicht immer wieder mal auf Veränderung drängen würde, wären manche Verschönerungen in unserer Wohnung nie zustande gekommen. Wenn mein Mann mich nicht immer wieder auch mal auf den Boden der Tatsachen zurückholen würde, würde ich vermutlich jedes Jahr umziehen. Und mich damit auch verausgaben.
Zum Glück sind diese Rollenverteilungen ja nicht immer so. Unser Hund ist nicht immer ängstlich, sondern draußen auf dem Land äußerst unternehmungslustig. In anderen Bereichen ist mein Mann der Antreiber und ich diejenige, die am liebsten alles so beibehalten würde wie es ist. Ich mag es zum Beispiel gar nicht, wenn ich ein neues Handy einrichten muss. Oder wenn das Geschirr nicht die Ordnung hat, die ich gerne hätte.
Aber wir haben es gelernt, mit unseren Unterschiedlichkeiten umzugehen. Manchmal hakt es ein wenig, aber immer wieder gelingt uns das auch mit einem humorvollen Augenzwinkern. Und dann macht es sogar Spaß so unterschiedlich zu sein!
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