Früher ist es mir gar nicht so aufgefallen, dass die Natur in unterschiedlichen Phasen erblüht. Seit dem ich das Fotografieren für mich entdeckt habe, gehe ich viel bewusster durch die Stadt und Natur, und schaue, was dort gerade mit den Pflanzen geschieht.
Und weil ich genauer hinschaue, und nicht einfach nur registriere, dass die Tage länger werden oder die Bäume grüner, erkenne ich die vielen Unterschiede. Ein, zwei Wochen waren die Wiesen hier im Kiez alle lila von den Taubnesseln.
Dann gab es eine gelbe Phase mit den strahlenden Löwenzahnblüten, eine andere Phase mit lilafarbenen Storchenschnabeln, und gerade kann man überall den roten Mohn finden. Der auch ganz unterschiedlich früh bzw. schnell blüht.
Auch die Bäume blühen zu unterschiedlichen Zeiten. Die Blüte der Birke ist schon einige Wochen her, jetzt gerade lassen alle Pappeln ihre unzähligen weißen Samen fliegen. So hat jede Pflanzenart ihre eigene Zeit, zu der sie sich entfaltet und wächst und blüht.
Sind Birken besser als andere Bäume?
Sind Birken deshalb besser, weil sie früher blühen? Oder Pappeln "dümmer", weil sie mehr Zeit brauchen? Nein, natürlich nicht.
Jede Pflanzenart hat ihr ganz eigenes Tempo und ihre eigenen Bedürfnisse, was sie braucht, um sich entfalten und wachsen zu können. Dabei sind natürlich auch das Wetter und die Standorte der Pflanzen entscheidend.
Steht sie im Dunkeln oder im Hellen, wie ist die Erde beschaffen, in der die Wurzeln sich ausbreiten, und gibt es genügend Wasser?
Alles hat seine Zeit.
Jede einzelne Pflanze wächst nach ihren Möglichkeiten. Und keine Pflanze ist besser oder schlechter, weil sie kleiner oder größer ist, weil sie schneller wächst oder langsamer, weil sie schönere Blüten hat oder unscheinbar wirkt.
Wir Menschen sind es, die die Natur bewerten: Rosen sind wertvoller als Gänseblümchen, Kastanien schöner als Platanen oder Löwenzahn schöner als Brennnesseln.
Vergleichen bedeutet Bewerten
Wir Menschen vergleichen uns viel zu häufig mit anderen. Der ist schöner, die ist erfolgreicher, der macht tollere Bilder, die kann schneller laufen. Als ich. Und das macht das eigene Können, die eigene Eigenart ganz klein.
Manche vergleichen sich dann mit anderen, um sich besser zu fühlen: Der ist kleiner, dümmer, erfolgloser als ich. Aber auch das hilft nicht wirklich weiter. Denn immer wenn Du einen Vergleich ziehst, bewertest Du damit das, was Du vergleichst. Und wenn Du etwas bewertest, dann ent-wertest Du es automatisch.
Den Blick auf Dich selbst richten
Es ist nicht einfach, weil die Selbstinszenierung als erfolgreich, glücklich, schön oder gesund in den Medien verstärkt als Verkaufsargument genutzt wird: "Ich habe es geschafft, und ich bringe Dir bei, wie Du glücklich/erfolgreich wie ich werden kannst".
Und die Botschaft von außen: MACHE ES WIE ICH führt dann leider häufig dazu, dass Du immer wie die anderen wirst, anstatt immer mehr ICH zu werden. Aus dem Vergleichen kommst Du hinaus, wenn Du den Blick vom Anderen abwendest und Dich selbst anschaust. Und erkennst, was da ist.
Und was vielleicht nicht da ist, Du Dir aber wünschen würdest. Nicht, weil jemand anderes das kann oder macht. Sondern weil Du das innere Bedürfnis danach hast, egal, ob ein anderer Mensch das schon hat oder nicht.