Chemotherapie oder Naturheilkunde, welche Krebstherapie sollte ich wählen? Vor dieser Frage stand ich, als ich vor einigen Jahren die Diagnose Brustkrebs bekam. Diese Entscheidung fiel mir nicht leicht, bis ich beschloss auf meine innere Stimme zu hören.
So auf keinen Fall
Aber das war eigentlich schon die zweite Entscheidung, die ich intuitiv getroffen hatte. Die erste spontane Entscheidung war, das Krankenhaus zu wechseln. Denn ich wollte mich auf keinen Fall dort behandeln lassen, wo die Ärztin mich dermaßen unsensibel behandelt hatte: Sie ging aufgrund vorläufiger Untersuchungen davon aus, dass ich Brustkrebs hätte. Sie legte mir einen dicken Stapel Infomaterial hin und vereinbarte einen OP-Termin mit mir, ohne weitere konkrete Untersuchungen und Ergebnisse abzuwarten.
Das ging mir eindeutig zu schnell. In dieses Krankenhaus wollte ich auf keinen Fall.
Gleiches Ergebnis aber ganz anderer Ton
Ohne weiter darüber nachzudenken, was ich stattdessen machen sollte, dachte ich sofort nach der Entscheidung an die Havelhöhe. Das ist ein ganz normales Krankenhaus, aber mit einem anthroposophischen Ansatz, von dem ich schon gehört hatte. Dort ließ ich mir einen Termin geben für eine Zweitberatung und fuhr am nächsten Tag dorthin.
Schon als ich durch die farbig gestrichenen Gänge zum Besprechungszimmer lief, fühlte ich, wie ich ruhiger wurde und meine Angst nachließ. Die Ärztin, die mir meinen Befund erklärte, nahm sich über eine Stunde Zeit und beantwortete alle meine Fragen. Sie bestätigte die Vermutung und empfahl mir ebenfalls wie die erste Ärztin eine Chemotherapie. Aber sie riet mir auch dazu, die weitere Vorgehensweise in Ruhe zu überlegen. Es bestehe ja schließlich keine akute Lebensgefahr.
Es war natürlich keine Überraschung, dass beide Ärztinnen den gleichen Ansatz empfohlen, schließlich waren beide klassische Schulmedizinerinnen. Es tat sehr gut, von der Ärztin in der Havelhöhte gesehen zu werden mit meinen Ängsten und Zweifeln. Und dass mir nicht nur die Entscheidung überlassen wurde, welchen Weg ich auswähle, sondern dass sie mich auch aufforderte, mir Zeit zu lassen mit der Entscheidung.
Wirklich wohl war mir mit der klassischen Therapie nicht. Doch was wäre die Alternative gewesen? Ich kannte niemanden, der/die mich schon mal vertrauenswürdig naturheilkundlich begleitet hatte. In so einer Situation wollte ich mir nicht erst jemandem suchen, dem/der ich mein Leben anvertraut hätte. Und ich war mir nicht sicher, ob Naturheilkunde bei Krebs wirklich helfen kann, auch wenn ich bei kleineren Krankheiten durchaus darauf zurückgreife.
Ich wusste erst nicht, was ich tun sollte
Was sollte ich also tun? Ich war ratlos. Das tun, bei dem ich mir eine sichere Heilwirkung vorstellen konnte, aber mit heftigen Nebenwirkungen zu kämpfen hätte? Oder die sanfte Methode, bei der ich mir nicht sicher war, ob ich das funktioniert und ob ich jemanden finde, dem ich mein Leben anvertrauen mag.
Mit dem Verstand kam ich da nicht weiter. Und mir war auch klar, dass ich diese Entscheidung alleine treffen musste. Egal, was andere mir vorschlugen oder welche Meinung sie hatten. Denn sie konnten immer nur aus ihrer Perspektive entscheiden, meine konnte nur ich verstehen. Um alle äußeren Stimmen besser ignorieren zu können, ging ich mit dieser Frage alleine in die Natur: Wie möchte ich mich behandeln lassen, klassisch oder Naturheilkunde?
Ich ließ mich Wald jenseits der Wege treiben, folgte meinen inneren Impulsen und meiner Neugier. Nach einer Weile setzte ich mich auf den Boden und lehnte mich an einen Baum. Es fing an zu regnen und die Wassertropfen platschten auf meine Regenjacke. Nass zu werden und zu frieren, mag ich überhaupt nicht. Aber ich blieb sitzen und ließ meinen Blick schweifen, auf der Suche nach einer Antwort. Aber ich fand sie nicht.
Die Natur spiegelte mir die Antwort
Zumindest nicht gleich. Ich weiß nicht, wie lange ich dort gesessen hatte, aber es war schon eine Weile lang. Dann sah ich auf einmal einen Zweig von einem kleinen Baumspross. Der wuchs nicht nur senkrecht vom Stamm weg, sondern war dann in einem weiteren rechten Winkel weiter wieder nach oben gewachsen. So etwas hatte ich noch nie gesehen.
Ich schaute weiter umher. Und dann sah ich ein gleichschenkeliges Dreieck, das von zwei anderen Ästen geformt wurde. Ich war echt perplex. Ich hatte Natur immer mit anderen, natürlich organischen Formen in Verbindung gebracht. Aber rechte Winkel und Dreiecke? Das war mir neu.
Und ganz plötzlich wurde mir klar: Es geht nicht um ein Entweder-oder. So wie es in der Natur organische Formen gibt, gibt es auch geometrische. Natur und Schulmedizin müssen sich nicht unbedingt gegenseitig ausschließen. Und mir wurde klar: Ich mache beides. Mit dieser Entscheidung ging ich dann wieder nach Hause.
Die richtige Begleitung finden
Doch wen sollte ich als naturheilkundliche Begleitung finden? Ich meldete mich bei einer schamanischen Frau aus dem Schwarzwald, die ich persönlich kannte, und der ich solch eine Begleitung zutraute. Doch sie war nach eigener Aussage noch nicht soweit und empfahl mir ihren Ausbilder. Der hatte leider gerade keine freien Termine und seine Vertretung war mir nicht sympathisch. Also suchte ich per Google jemanden, der in meiner Nähe wohnte.
Und fand zufällig eine Frau, die bei diesem Ausbilder gelernt hatte. Als ich sie dann anrief, hatte ich leider nur ihren Anrufbeantworter dran. Aber als ich ihre Stimme hörte, war mir intuitiv klar, das ist sie: Patricia von Estorff war dann auch eine sehr angenehme und persönliche Begleitung, die mir sehr geholfen hat, dieses Jahr durchzustehen.
Mein Weg gilt nur für mich
Ich konnte nur mit meiner inneren Stimme entscheiden, was ich mache und was nicht. Andere forschen im Internet nach Studien und Zahlen, um genauer verstehen zu können, was mit ihnen geschieht, und ob die vorgeschlagenen Methoden wirklich die besten sind. Andere folgen den Ärzt/innen, ohne überhaupt darüber nachzudenken, welche Handlungsspielräume ihnen bleiben. Letztendlich kannst nur Du entscheiden, was für Dich richtig ist. Ich glaube aber, dass eine bewusste Entscheidung wichtig ist. Egal, welcher Weg das sein mag.
Ich bin mir sehr sicher, dass meine klare Entscheidung für beide Methoden stark dazu beigetragen hat, dass ich unter den Nebenwirkungen nicht so sehr gelitten habe. Damit meine ich nicht, dass ich weniger Nebenwirkungen hatte als andere, das lässt sich nicht vergleichen. Aber ich habe mich bewusst dafür entschieden, sie in Kauf zu nehmen. Und ich hatte für mich immer die innere Freiheit, mich für den nächsten Behandlungsabschnitt zu entscheiden. In der Gewissheit, dass ich mich auch jederzeit entscheiden kann, etwas abzulehnen oder einen anderen Weg zu gehen.
Ich werde nie erfahren, ob ich mit einem rein naturheilkundlichen Ansatz hätte geheilt werden können. Und ob es mir dann vielleicht besser ergangen wäre. Mir war einfach nur wichtig, dass ich in dieser Situation trotz aller Bedrohungen immer noch das Ruder in der Hand hielt, um meinem inneren Kompass zu folgen.
Was ich daraus gelernt habe und Dir weitergeben möchte
Vielleicht magst Du einwenden, dass Du dir bzw. Deiner inneren Stimme bei so einer großen Herausforderung nicht vertrauen kannst. Ich sehe es eher so, dass gerade die außergewöhnliche Belastung mich dazu gebracht hat, auf meine innere Stimme zu hören. Denn zum Glück kannte ich mich bislang nicht aus mit diesem Thema. Ich wusste kaum etwas über Chancen und Risiken von den unterschiedlichen Krebstherapien.
Ich habe mich in der Zeit mit vielen unterschiedlichen Behandlungsansätzen und “Erfolgsgeschichten” beschäftigt. Und mein ganz persönlicher Eindruck war: Wenn Deine innere Stimme Dir zu einem bestimmten Weg rät, dann ist es der richtige. Mache nicht etwas, weil andere Dir ein Wundermittel anpreisen. Oder weil sie jemanden kennen, dessen “Bruder des Freundes der Kusine” sich mit einem ganz einfachen Weg selbst geheilt haben.
Solange Du nicht unter akuter Lebensgefahr stehst, kannst Du Dir Zeit lassen. Erfrage die Informationen, die Du brauchst, nicht mehr und nicht weniger. Nur Du kannst entscheiden, was Du in solch einer Krise brauchst.