Die Krise als Chance nutzen? Das klingt erstmal nach einem typischen Motivationsspruch á la “Tschakka, du schaffst das!” Deswegen hatte ich kurz gezögert, als ich angefragt wurde, für die Selbsthilfegruppe “Bewegte Frauen” einen Workshop zu diesem Thema zu halten. Aber dann dachte ich mir, ich kann den Workshop ja so gestalten, wie ich es für richtig halte ;-) Also sagte ich zu.
Die ca. 30 Frauen (und 2 Männer) der Selbsthilfegruppe Bewegte Frauen haben sich im September zu einer Gesundheitstagung getroffen. Alle waren oder sind entweder selbst an Krebs erkrankt oder sie waren als Angehörige mit dabei.
Meinen Workshop habe ich in drei kleinen Gruppen nacheinander durchgeführt. Da mich dort niemand kannte, habe ich mich als erstes mit meinen eigenen Krebs-Erfahrungen vorgestellt, was bei allen sofort zu Erleichterung führte. Mir war klar, dass der Titel “Krise als Chance” auch zu negativen Erwartungen führen könnte.
Mich hat es sehr berührt, die Geschichten des Leids und des Verlusts zu hören, aber es hat mich auch beeindruckt, wie mutig und unerschütterlich jede dieser Frauen mit dieser Krankheit ihren Weg geht. Und welch kraftvolle Unterstützung so eine Selbsthilfegruppe sein kann. Denn das ist klar: Eine solche Krise überwindet man besser, wenn man Unterstützung hat. Die Unterstützung von Menschen, die zumindest ähnliches auch schon einmal selbst erlebt haben, ist dabei ganz besonders wertvoll.
Worin liegt die Krise einer Chance?
Es klingt so toll und so einfach, die Chance einer Krise zu ergreifen. Aber es nicht so einfach, wie es klingen mag. Ich habe das am Beispiel einer Kastanie veranschaulicht:
Im Sommer reift die Kastanie geschützt in ihrer grünen Hülle heran. Dick verpackt und mit pieksigen Stacheln versehen. Man könnte also sagen, die Kastanie sorgt dafür, dass ihr nichts passiert. Doch im September kommt der Herbst. Dann platzen die grünen Hüllen auf, und die Kastanien fallen auf den Boden. Dort bleiben sie den Winter über liegen und im Frühling kann dann aus jeder der Kastanien ein neuer Baum entstehen. Anfangs noch ganz klein, doch im Laufe der Zeit wird der Baum größer und größer.
Übertragen auf eine Krise bedeutet das: Der Loslassen (der Kastanien) und das Aufplatzen der schützenden Hülle ist notwendig, dass etwas Neues entstehen kann. Verluste sind selten leicht und es kann lange dauern, bis Du sie verarbeitet hat. Doch nach langer (Winter-)Zeit, in der sich anscheinend nichts tut, entsteht dann im Frühling wie von alleine etwas Neues.
Der Baum ist dann nicht mehr derselbe wie vor dem Herbst und Winter: Er ist anders geworden, er hat sich verändert. Es gibt neue Knospen, dann Blätter und Blüten und der Kreislauf des Lebens geht weiter.
Verluste und Geschenke durch die Krankheit
Damit der Workshop dann nicht zu theoretisch bleibt, sollten die Frauen dann in dem uns umgebenden Schlosspark umherstreifen und zwei Gegenstände mitbringen: Einen, der das symbolisiert, was sie verloren haben. Und einen anderen, der für das steht, was sich Schönes durch ihre Krankheit ergeben hat oder sich vielleicht noch ergeben könnte. Jede/r hat dann die Symbole gezeigt und kurz erläutert, welche Bedeutung sie haben.
Die Erfahrungen der Bewegten Frauen haben gezeigt: Viele haben schmerzhafte Verluste von Menschen und Möglichkeiten erlitten. Doch vieles was vorher wichtig war, wie berufliche Leistung oder Perfektionismus im Haushalt, hat durch solch eine Krise an Bedeutung verloren. Jetzt ist es wichtig, die kleinen Dinge wertzuschätzen, die Unterstützung von anderen zu geben oder zu bekommen. Manche haben auch neue Hobbys entdeckt oder einen neuen Partner kennengelernt.
Um es noch einmal zu betonen: Krisen sind Phasen im Leben, die einen extrem herausfordern. Bei denen viel auf den Kopf gestellt wird, was vorher normal war. Und das ist niemals schön oder leicht. Krisen sind einfach Teil unseres Lebens. Wir können nur lernen, uns nicht von solch einer Welle unterkriegen zu lassen, sondern wieder aufzutauchen und weiter im Fluss des Lebens mitzuschwimmen.
Ich danke allen, die diesen Tag organisiert, gestaltet und mitgetragen haben. Und ich bin dankbar dafür, dass ich diese Workshops leiten konnte und ich vielleicht die eine oder andere Inspiration mitgeben konnte.
Gerne unterstütze ich Dich, wenn Du das Gefühl hast, in der Dunkelheit festzustecken.
Ich begleite Dich durch die “Winterzeit” bis sich der “Frühling” wieder zeigt.
Melde Dich einfach unverbindlich bei mir, dann besprechen wir, was möglich ist: Kontakt